Abkehr vom Erdgas als zentrale Herausforderung bei der Transformation der Schweizer Wärmeversorgung
Anergienetz Friesenberg der Familienheim-Genossenschaft Zürich
See-Energienutzung Circulago Zug
Frei gewordener Öltankraum dank der Abwärmenutzung Kunsteisbahn Küsnacht
Wärmerückgewinnung Skipresse Stöckli
Das strengste Energiegesetz der Schweiz tritt in Kraft
Ab dem 1. Juli gelten für Wärmeverbünde in der Stadt Zürich strenge Auflagen. Über die Chancen und Herausforderungen der neuen Verordnung spricht Matthias Kolb im Interview.
Bereits seit dem vergangenen Jahr gilt das kantonale Energiegesetz in Zürich. Welches sind die wichtigsten Bestandteile?
Das Energiegesetz des Kantons sagt, dass neue Heizungsanlagen sowohl in Neubauten als auch in Bestandsbauten zu 100% mit erneuerbaren Wärmequellen betrieben werden müssen. Das faktische Verbot von Erdgas- und Heizöl ist wohl die effektivste Massnahme für die Erreichung der Netto-Null Ziele. Bei Bestandsbauten gibt es eine Art Härtefallregelung: Wenn nachweisbar ist, dass die erneuerbare Lösung technisch nicht machbar oder über den Lebenszyklus hinweg bedeutend teurer ist, kann von dem Grundsatz abgewichen werden.
Was bedeutet diese Regelung in Bezug auf Wärmeverbünde?
Im Fall der Wärmeversorgung über Wärmeverbünde ist im Energiegesetz des Kantons eine unpräzise Formulierung enthalten: Ein Anschluss an ein Wärmenetz ist zulässig, wenn ein wesentlicher Anteil der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien, Abwärme oder Abfallverbrennung stammt. Wie gross der Anteil fossiler Energieträger in Wärmeverbünden sein darf, wird nicht genauer definiert. Dies lässt grossen Interpretationsspielraum offen, den jetzt die städtische Verordnung definiert.
Die städtische Wärmeversorgungsordnung tritt am 1. Juli 2023 in Kraft. Was sind die Ziele?
Die Stadt Zürich hat zum Ziel, den CO₂-Ausstoss bis 2040 auf Netto-Null zu reduzieren. Für den Wärmesektor heisst das, dass keine direkten Emissionen ausgehend von fossilen Heizungen mehr stammen dürfen. Die städtische Wärmeversorgungsverordnung regelt den Umgang mit dem fossilen Anteil in Wärmeverbunden nun im Detail:
- Bestehende Wärmeverbünde mit einem öffentlichen Versorgungscharakter müssen bis 2040 vollständig fossilfrei betrieben werden.
- Neue private Wärmeverbunde werden gleich wie ein Ersatz von Einzelanlagen beurteilt und müssen entsprechend bereits heute zu 100% mit erneuerbaren Quellen betrieben werden.
Was sind die Knackpunkte der neuen Verordnung?
Die erneuerbaren Wärmequellen (bspw. Grundwasser oder Abwärme aus Prozessen) reichen in den meisten Fällen nicht aus, den Wärmebedarf in einem Gebiet vollständig zu decken. Bis anhin wurde daher häufig eine Bivalenz, also eine zweite Wärmequelle, eingesetzt, die an kalten Wintertagen dazu schaltet. Aus Kostengründen ist dafür häufig eine fossile Heizung zum Einsatz gekommen, die maximal 10 bis 20% des Energieanteils deckt.
Da die fossile Spitzendeckung nun nicht mehr zulässig ist, müssen wir uns vermehrt mit dem Thema Suffizienz auseinandersetzen: Wieviel Leistung benötigen wir wirklich? Und können wir einzelne Stunden oder Tage im Jahr auch mit einem verminderten Komfort auskommen? Da die verfügbare erneuerbare Wärmeleistung in den meisten Fällen beschränkt ist, wird die Antwort auf diese Frage sehr entscheidend sein für die Zielerreichung Netto Null.
Was bedeuten die neuen Anforderungen für die Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft?
Wir werden unsere Bauherrschaften künftig noch umfassender beraten, um die beste Variante auszuarbeiten. Das Thema Suffizienz wird in allen Projekten zentral sein. Neben technischen Möglichkeiten werden wir also auch vermehrt die Komfortansprüche genauer analysieren. Wir ziehen hierfür unsere internen Kompetenzen in den Bereichen Bauphysik und Energiesimulation bei.
Bis 2040 sollen in Zürich und vermutlich auch in weiteren Kantonen keine fossilen Heizsysteme mehr zugelassen sein. Was erwartet uns?
Wir gehen davon aus, dass viele Kantone mit einem verschärften Energiegesetz nachziehen werden. Um die gesamte Energieinfrastruktur der Schweiz umzubauen, werden wir in diesem Bereich um Faktoren mehr Kapazität an Fachkräften benötigen. Die Gesellschaft ist also in erster Linie gefordert, Fachkräfte auszubilden, um die Transformation in Richtung Netto Null voranzutreiben.
Anex hat eine klare Auffassung zum Thema Energiestrategie 2050. Fünf Schwerpunkt bilden die Grundlage bei der Planung von zukunftsfähigen Energieprojekten:
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Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen. Gerne gebe ich Ihnen weitere Auskunft, welche Auswirkungen das neue Energiegesetz für Sie als Energieversorger, Gemeinde oder Privateigentümer hat.